Der Baldenberg

Von der ärgsten Witterungseinflüssen geschützt schmiegt sich der Baldenberg malerisch an den unteren Nordhang des Silberhalters; wurde doch dort von fränkischen Siedlern vor weit mehr als 500 Jahren der Ort in einer Hochmulde als Angerdorf in Hufeisenform um die Hauptdorfquelle angelegt.

Ein original fränkisches Querdielenhaus aus damaliger Zeit befindet sich in der Straße „Am Silberhalter 22“.

Meist durch eine Brandmauer getrennt liegen die Wohn- und Wirtschaftsräume auf der einen Seite, während sich auf der anderen Seite Stall und Futtervorratsräume befinden. Wie es der Name schon sagt, gehörte zu fast jedem Gehöft oder Haus ein Stück Land (Anger genannt) in der fruchtbaren und saftigen Tiefenlinie dieser Hochmulde, die sich stetig abfallend bis Derschlag erstreckt, wo sich der Baldenberger und der Mummicker Siefen kurz vorher vereint, um gemeinsam mit diesem in die Steinagger zu fließen.

Auf dem Weg bis Derschlag liegen an den Hängen links und rechts des Baches zahlreiche Flächen, die teilweise bis in die 1950er Jahre noch landwirtschaftlich genutzt wurden. Flächen, die heute, längst meist schon seit vielen Jahrzehnten aufgeforstet sind und nicht mehr bekannt ist, dass dort einst Landwirtschaft betrieben wurde.

Von Westen her war der Baldenberg über die Heerstraße zu erreichen, die von Kalteneich kommend über die „Braune Hardt“ (im oberen Teil ist noch ein Stück Hohlweg zu erkennen) nach Baldenberg führt und über den Höhenzug weiter bis zur Ortschaft Hecke verläuft.

Der zweite Weg ging mehr oder weniger entlang des Baldenberger Siefen durch teilweise sumpfige Wiesen und war im Winter kaum passierbar.

Etwa 1964/1965 bin ich diesen Weg noch mit dem Trecker gefahren, seither ist er mit Bäumen und Sträuchern zugewachsen.

Die heutige Derschlager Straße wurde von 1906 bis 1911 von einer englischen Firma gebaut, die durch diese Maßnahme in Konkurs gegangen sein soll.

Einige Baldenberger hatten auch im Othetal, dem so genannten Mattenloch noch Wiesen zu bewirtschaften, von wo aus das trockene Heu in Tüchern auf dem Kopf über das so genannte Heuwegelchen (ein Fußpfad durchs Gelände) zum Baldenberg getragen wurde.

Die Hauptlandwirtschaftsflächen befanden sich an den Südhängen des Silberhalter, Brantenholz, Braune Hardt, usw..

Wie viele andere Dörfer hatten auch die Baldenberger einen Viehhirten, der die Kühe und Ziegen der Dorfbewohner zusammen auf zum Teil Gemeindewiesen, dies sich an den Hängen nach Bergneustadt hinunter befanden, hütete.

Zog dieser Hirtenjunge frühmorgens auf einem Horn blasend durchs Dorf, wurden die Tiere ausgemolken aus den Ställen gelassen und zogen auf die Futterflächen, von wo aus sie am Abend von dem Hirtenjungen wieder heim gebracht wurden.

Wie selbstverständlich gingen alle Tiere in ihren jeweiligen Stall, wo sie von ihren Eigentümern empfangen wurden.

Der letzte Baldenberger Dorfhirte, Mays Stoffel genannt, übernachtete auf irgendeinem Heuboden und ist auf einem solchen – das Haus stand auf der Wiese hinter dem heutigen „Am Silberhalter 23“- umgekommen.

So erzählte es mir meine Großmutter, Wilhelmine Hähn, geboren 1873.

Er hatte wohl Pfeife, die mit Heusamen gestopft war, geraucht, war darüber eingeschlafen und so mit dem gesamten Haus verbrannt.

Da die Menschen damals Selbstversorger waren, hatten auch die Baldenberger auf dem fruchtbarsten und durch Hecken vor Wind geschützten Böden links und rechts der heutigen Höchstenstraße ihre Gärten angelegt, um sich aus den Erträgen zu ernähren.

Ursprünglich wurde dieser Hohlweg deshalb „Tüscher dän Chärten“ (zwischen den Gärten) genannt.

Den heutigen Namen erhielt der Weg, weil man auf ihm den „Höchsten“ (Flurbezeichung) erreicht.

War der Baldenberg auch bäuerlich geprägt, verfügte er doch über eine eigene Dorfschule (1895 bis 1967), einen Lebensmittelladen, sowie bis 1980 über eine Gastwirtschaft.

Einen entscheidenden Zukunftsschritt erfuhr der Ort bereits 1925, als die Elektrizität installiert wurde, während der Baldenberg 1958 auf die öffentliche Wasserversorgung warten musste.

So blieb das Dorf über viele Jahre ursprünglich, bis nach dem 2. Weltkrieg eine Zeitwende eintrat, der Baldenberg sich mehr und mehr veränderte, sich bis heute um das dreifache (von 30 auf 90 Häuser) vergrößerte und so auch größtenteils seine ursprüngliche und bäuerlich geprägte Struktur einbüßte.

So könnte man über den alten Baldenberg mit Details und Anekdoten fast endlos berichten, was aber diesen Rahmen sprengen würde.

So bleibt dem wunderschönen Baldenberg zu wünschen, dass er seinen dörflichen Charakter mit seinen sicherlich eigenen, aber auch ebenso liebenswerten Bewohnern noch über lange Zeit erhalten kann.

Verfasser: Hans Günter Hähn